Für viele Menschen ist ihr Haustier Teil der Familie. Wenn es dann einmal stirbt, so ist das oft ein sehr schmerzlicher Verlust, der erst einmal verarbeitet werden muss. Ganz gleich, ob es sich nun um das eigene Pferd, den Familienhund, die Hauskatze oder auch „nur“ um ein Kaninchen handelt – man möchte angemessen Abschied nehmen. Auf der Schwäbischen Alb kann man das nun auf eine ganz besondere Weise – in einer ehemaligen Kirche, was in ganz Europa offenbar einzigartig ist.

In diesen Anhängern werden die verstorbenen Tiere ins Krematorium nach Schwäbisch Hall gefahren.
In diesen Anhängern werden die verstorbenen Tiere ins Krematorium nach Schwäbisch Hall gefahren. | Bild: Roger Orlik

Wenn man vor der kleinen Pauluskirche im Abstadter Stadtteil Pfeffingen steht, deutet nichts darauf hin, dass dieses Kirchlein etwas besonders ist. Das bis vor Kurzem noch evangelisch-methodistische Gotteshaus ist die erste Kirche, in der es Abschiedszeremonien und Trauerfeiern für tote Tiere gibt. Laut Ellen Weinmann, die seit etwa drei Jahren gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Florian Düsterwald beruflich Tiere bestattet, ist dies die erste Tierbestattungskirche in Europa, ja womöglich sogar weltweit. Im vergangenen Sommer hatten sie die Kirche gekauft, nachdem die evangelisch-methodistische Kirche das Gebäude aufgegeben hatte. Feierlich eröffnet wurde „die Kapelle“, wie Weinmann liebevoll sagt, im vergangenen Dezember. Seitdem wird das Tierbestattungsinstitut Schönhalde regelrecht von Kunden überrannt, es gibt aktuell bereits mehre als 500 Anfragen aus Deutschland sowie auch aus Österreich und aus der Schweiz.

Die Kunden können die Asche ihres Tieres in einer Urne erhalten.
Die Kunden können die Asche ihres Tieres in einer Urne erhalten. | Bild: Roger Orlik

Einmal die Woche zum Krematorium

Das erste Mal Kontakt hatte Ellen Weinmann mit dem Thema Tierbestattung vor etwa 20 Jahren, als ihr damaliger Hund verstorben war. Um ihn einäschern zu lassen, musste sie mit dem Tierkadaver bis nach München zu einem Tierkrematorium fahren. Heute arbeitet sie als Tierbestatterin mit einem Krematorium in Schwäbisch Hall zusammen. Mit einem speziellen Anhänger fährt sie mit den verstorbenen Tieren der Kunden durchschnittlich einmal pro Woche dort hin. Darunter sind Pferde und Katzen, meistens jedoch Hunde, aber auch Hamster, Papageien und Kaninchen – grundsätzlich jedoch immer sogenannte Haustiere. Denn „Nutztiere dürfen in Deutschland nicht kremiert werden“, erklärt die gelernte Bürokauffrau kritisch. „Selbst für ein Pferd braucht es eine Ausnahmegenehmigung vom Amt. Alle anderen Nutztiere, beispielsweise auch das Hausschwein oder das Schaf der Familie, muss der Tierkörperbeseitigungsanlage zugeführt werden.“ Einzelne betroffene Halter empfinden dies als absoluten Missstand.

In der entweihten evangelisch-methodistische Kirche in Albstadt-Pfeffingen gibt es jetzt Tierbestattungen.
In der entweihten evangelisch-methodistische Kirche in Albstadt-Pfeffingen gibt es jetzt Tierbestattungen. | Bild: Roger Orlik

Aber die Bestattung von Tieren ist ohnehin umstritten, weiß Ellen Weinmann nur zu gut: „Viele nehmen die Trauer um ein verstorbenes Tier nicht ernst, manche belächeln auch unsere Tätigkeit. Dabei ist die Trauer, die Menschen um ein langjähriges Haustier empfinden, oft ähnlich schmerzhaft wie bei einem geliebten Menschen.“ Der große Zuspruch, den die Bestatterin und ihr Partner von ihrer Kundschaft vielfach erfahren, spricht dabei für sich. Auch die evangelisch-methodistische Kirche stand der Nachnutzung ihres Gotteshauses offenbar von Anfang an recht positiv gegenüber. Deutliche Kritik kam dagegen vonseiten der katholischen Kirche. Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger äußerte etwa gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA), er sorge sich zwar um das Tierwohl und es sei durchaus wichtig, Trauernden zur Seite zu stehen – auch wenn es um ein verstorbenes Haustier gehe. Eine kirchliche Abschiedszeremonie für Haustiere lehne er dennoch ab, denn „wir sollten Tiere nicht vermenschlichen. Ein eigener katholischer Trauerritus für Haustiere ist für mich undenkbar“.

„Erzbischof Burger darf natürlich seine Meinung haben, vermutlich hat er da aber etwas ganz falsch verstanden. Wir halten keine religiösen Trauerfeiern, sondern nutzen lediglich ein feierlich entweihtes Gotteshaus für eine Trauerfeier in würdigem Rahmen“, sagt Ellen Weinmann. Die Zeremonien können dabei von der Kundschaft frei gestaltet werden. „Wenn dann aber eine trauernde Person ein Gebet für sein verstorbenes Tier sprechen möchte, so halten wir ihn oder sie ganz sicher nicht davon ab.“ Von anderer katholischer Seite gibt es übrigens Zuspruch. Angesprochen auf die Albstädter Tierbestattungskirche äußerte etwa der katholische Theologe und Pastoralreferent Peter Otten im Radiosender Deutschlandfunk sein völliges Verständnis, dass man sich eine würdige Beisetzung auch für Tiere wünsche. Außerdem seien Tiere „Gottes beseelte Geschöpfe wie wir“ und nicht bloß „seelenlose Sachen“.

Ellen Weinmann mit einer kleinen Auswahl der angebotenen Urnen für Tierbestattungen.
Ellen Weinmann mit einer kleinen Auswahl der angebotenen Urnen für Tierbestattungen. | Bild: Roger Orlik

Nach der optionalen Trauerfeier in dem Albstädter Kirchlein kann eine Plakette zur Erinnerung an das verstorbene Tier an einem „Baum der Erinnerung“ angebracht werden. Für eine solche Zeremonie werden je nach Aufwand etwa 400 bis 600 Euro veranschlagt. Danach wird das Tier dann ins Krematorium nach Schwäbisch Hall gebracht, die Asche kehrt dann zum Beispiel in einer Urne zu den Besitzern zurück. Für ein kleines Kätzchen sind dafür etwa 130 Euro bereit zu halten. Die Überführung und Einäscherung eines Pferdes kostet etwa 2000 Euro oder auch mehr. Danach darf die Asche des Tieres fast überall bei­gesetzt oder auch aufbewahrt werden. Dafür bietet das Albstädter Unternehmen Urnen an. Die Auswahl ist dabei umfangreich – ebenso wie die Zahl der Anfragen in dem Albstädter Institut: „Seit der Eröffnung unseres Kirchleins haben wir quasi Ausnahmezustand, es gab bereits Presseanfragen aus Mexiko und Moskau, zudem haben wir oft zwei oder drei Trauerfeiern pro Tag.“ 2023 wurden bei Tierbestattung Schönhalde etwa 900 Tiere bestattet, 2024 ist die Tendenz stark steigend. Das Haupteinzugsgebiet reicht dabei nördlich bis in den Stuttgarter Raum, im Süden deckt ein Partnerbetrieb mit gleichem Namen in Mengen-Rulfingen unter der Leitung von Michael Schneider den Raum bis zum Bodensee und ins Allgäu ab.

Manche Kunden wünschen sich aber auch nur, eine halbe Stunde in der ehemaligen Kirche sitzen zu dürfen und ihres verstorbenen Haustieres zu gedenken. „Auch da sagen wir natürlich nicht nein.“ Auch ein regelmäßiges „Trauercafé“ für Tierhalter sei geplant. Denn bei aller Professionalität wird Ellen Weinmann angesichts mancher Schicksale doch sehr betroffen: „Wenn eine Seniorin beispielsweise im letzten Jahr ihren Mann verloren hat und einige Monate später stirbt auch noch ihre Hauskatze oder ihr Hund, dann ist das manchmal wirklich herzzerreißend.“