Im März wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Ravensburg ein Ermittlungsverfahren gegen fünf ehemalige und aktuelle Ärztinnen und Ärzte am Medizin Campus Bodensee (MCB) eingeleitet hat. Schon seit Dezember 2023 liefen Vorermittlungen am Klinikum. Doch was unterscheidet ein Vorermittlungsverfahren von einem Ermittlungsverfahren? Und welche gesetzlichen Anforderungen müssen dafür erfüllt sein? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist ein Vorermittlungsverfahren?

„Die Staatsanwaltschaft unterliegt dem Legalitätsgrundsatz“, sagt Christine Weiss, Oberstaatsanwältin in Ravensburg. Das bedeutet, dass sich staatliche Behörden strikt an Gesetze halten müssen. Für das Strafrecht heißt das, dass die Staatsanwaltschaft bei Straftaten einschreiten muss, sobald dafür Anhaltspunkte vorliegen. Die Ermittlungsbehörden führen ein sogenanntes Vorermittlungsverfahren, um herauszufinden, ob es tatsächliche Anhaltspunkte gibt, die ein Ermittlungsverfahren nötig machen. Das Vorermittlungsverfahren ist nicht in der Strafprozessordnung geregelt. Deshalb sind die Befugnisse der Ermittlungsbehörden beschränkt.

Was ist der Unterschied zu einem Ermittlungsverfahren?

Liegen konkrete Anhaltspunkte vor, kann die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einleiten. Das ist im Fall des Klinikums in Friedrichshafen inzwischen geschehen. „In einem Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft strafprozessuale Zwangsbefugnisse“, sagt Christine Weiss. Das bedeutet, dass Maßnahmen der Ermittlungsbehörden gegen Beschuldigte umgesetzt werden dürfen, auch wenn diese sich widersetzen.

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Beispiele für solche Maßnahmen sind etwa die körperliche Untersuchung des Beschuldigten, die Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen zu Beweiszwecken, die Durchsuchung bei Beschuldigten und die vorläufige Festnahme.

Was ist ein Anfangsverdacht?

Die Staatsanwaltschaft Ravensburg und das Polizeipräsidium Ravensburg hatten mitgeteilt, dass ein Anfangsverdacht gegen fünf Ärztinnen und Ärzte des Klinikums vorliegt. Der Anfangsverdacht steht am Beginn des Ermittlungsverfahrens. „Vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen genügen hierfür nicht“, sagt Oberstaatsanwältin Christine Weiss. Es müssen konkrete Anhaltspunkte gegeben sein, die es möglich machen, dass eine Straftat vorliegen könnte.

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Wie geht es jetzt weiter?

Die Ermittlungsgruppe namens Cura beschäftigt sich mit den Vorfällen am Klinikum. Ermittelt wird wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug und ärztlicher Fehlbehandlungen. Wenn ein Tatvorwurf nachweisbar sein sollte, kommt es zu Anklage. Andernfalls wird das Verfahren eingestellt.

Dürfen die Ärzte weiter behandeln?

„Es gilt die Unschuldsvermutung“, sagt Christine Weiss. Rechtlich hätten die Beschuldigten also weiterarbeiten dürfen. Allerdings wurden die fünf Ärztinnen und Ärzte nun für die Zeit der Ermittlungen vom Aufsichtsrat des MCB freigestellt.